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Alltagsbedarf versus Raumwidmung

„Schon seit Jahren wünschen sich immer mehr Deutsche die Wohnküche – das ist nichts anderes als der Wunsch nach mehr Raum zum tätigen Zusammensein bei der Nahrungszubereitung. Eine zentrale Wohnküche mit Speisekammer und einen kleinen, abgedunkelten Fernsehraum, kein Wohnzimmer mehr – das wäre wohl eine realistische Raumaufteilung für viele Familien heute.“ (2)

Die Lebensformen von heute haben sich gegenüber den einzementierten Grundrissen der bürgerlichen Familienstruktur der Industriegesellschaft vielfach geändert. Das Badezimmer für die tägliche Hygiene ist zu klein geworden für die Fitness- und Schönheitsbestrebungen seiner BewohnerInnen, die Kinderzimmer zu klein für die Freunde und auch für die Stiefgeschwister, die jedes zweite Wochenende zu Besuch kommen. Die Vorzimmer gelten als „Verkehrsflächen“ und sind so minimal geraten, dass es dort schwierig ist, zwei Personen zu empfangen und zu verabschiedend, geschweige denn, sich mit einem Rollstuhl darin umzudrehen. Dagegen kann das zentrale Wohnzimmer den in es gesetzte Kommunikationserwartungen nicht mehr gerecht werden. Die Lebensentwürfe werden sich im 21. Jahrhundert noch weiter pluralisieren. Der Wohnbau kann daran nicht vorbeigehen, er muss seine Vorstellungen von qualitativen und bewohnergerechten Grundrisses neu überdenken.


(1) In: Elisabeth Dessai, Renate Alt-Rosendahl: Wohnen und Spielen mit Kindern, Düsseldorf Wien 1976
(2) Felizitas Romeiß-Stracke, Neue Lebensformen - neues Bauen. Architektur zwischen Mode und Moderne. In: Arcus Nr. 11, Wohnen in Zukunft, 1990

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