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1992

auge sprache film – ein kinofilmprojekt
(einige notizen)

erschienen in: Medien Kunst Passagen, Heft 3/1993, Passagen Verlag, Wien

„blickwinkel: es gibt zum beispiel das angebot einer stadt oder auch von etwas viel kleinerem, einer situation vielleicht, und jeder zieht sein bild daraus, das ist klar (auswahl, kombination, farbnuancen, formvorstellung, erinnerung, präzision und bereitschaft) und soll nicht verschwiegen werden. die feinen unterschiede in der positionierung ergeben verschiedene standpunkte.“
(Auszug aus: auge sprache film – einkinofilmprojekt)


AUGE SPRACHE FILM - EIN KINOFILMPROJEKT (EINIGE NOTIZEN)
FILM ist ein räumliches gebilde und eines in der zeit
vorstellung: ein konstrukt, das sich nicht linear, sondern dreidimensional ausbreitet.
kreuzungspunkte, abzweigungen, überlagerungen, scharniere
besonders zu beachten: das tempo (alles ist möglich: sogar stillstand)
die geschichte nur am rande und in der manier eines fotoromans: wir wissen so-und-so, wie es läuft und wenn nicht: wir müssen nicht alles wissen
!bedürfnisse der kinobesucher nicht außer acht lassen (unterhaltungswert)!
farbe: farbe = stimmung und subtil in ihren möglichkeiten (triadisches ballett / desserto rosso / liquid sky: farbverschiebungen, leuchtfarben / 50er jahre pastell / schwarzweiß mit farbstich)
der unterschied (in der kinoprojektion) zwischen groben strukturen, unschärfe (video) und feinen strukturen (film): kombinationsmöglichkeiten (manche kinowerbeblocks). nicht zu vergessen: der reiz eines staubig-zerkratzten bildes (bild mit zusatzleben). störend allerdings: ein zerkratzter ton
durch seinen nichtlinearen aufbau wird der film beweglich = zerlegbar, ist nicht an das kinokorsett gebunden und kann vielfälltig verwendet werden (je nach bedarf). zimperlich die trennung zwischen video / film, tv / kino
eventuell kulissen (rohmer: perceval le gallois / das cabinett des dr. caligari)
(mich interessiert einerseits das stilisierte, rituelle und andrerseits eine dokumentation.
dokumentation: sehnsucht nach andrer leute augen und gedeckter voyeurismus)

SPRACHE: aus dem vorfilm: begrüßungstänze (dialoge mit tanzschritten, menuettartig, aufeinander zu, voneinander weg, hände, drehungen flott und beschwingt oder eher steif)

A hallo!
wie gehts?
B ganz gut
A und sonst?
B ganz gut
A was machst?
B allerhand
A und sonst?
B was sonst?
A na ja

A hallo!
B hallo!
was gibts?
A nichts
B was gibts?
A nichts
B na dann
A eben
B hallo!
C hallo!
was gibts?
B nichts
C was gibts?
B nichts
.
.
.

sprache
gestik
kinesik (nicht verbale kommunikation) kinematik (bewegung) kinetik (bewegung durch kräfte)
kommunikation: vor kurzem gelesen in „moneten“ von Hannes Böhringer (berlin 1990) zum ersten mal kommunikation in einer eher negativen bedeutung, so eine art geschwätz („kommunikation statt sprache“ und „reduktion der kunst auf kommunikation“) und gleich begeistert von diesem QUER, wo mir das leben doch erst eben ein interesse am thema „kommunikation“ aufgenötigt hat
sprache: a cappella-musik (tonlage, geschwindigkeit, überlagerungen, verschiedene sprachen)
stimme: das vielfältigste instrument
(die sprache muss auf alle fälle auch gesungen sein: rhythmisiert, duette und chor)
das AUGE: der reale sehvorgang ist mit der kamera nicht nachvollziehbar, nur genormtes sehen
versuche, dem sehen nahezukommen
ich denke mir: die art / technik des sehvorganges ist von bedeutung für die abläufe
blickwinkel: es gibt zum beispiel das angebot einer stadt oder auch von etwas viel kleinerem, einer situation vielleicht, und jeder zieht sein bild daraus, das ist klar (auswahl, kombination, farbnuancen, formvorstellung, erinnerung, präzision und bereitschaft) und soll nicht verschwiegen werden
die feinen unterschiede in der positionierung ergeben verschiedene standpunkte.
und noch zusätzlich von außerhalb: der standpunkt der / des betrachtenden (man kann etwas mehr sehen, man kann sich auch täuschen)
im bezug auf die geschwindigkeit, dichte: das macht gar nichts, niemand kann erwarten, ALLES zu sehen

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