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1997

Liebe im Öffentlichen Raum

Vortrag an der Technische Universität Wien, Institut für künstlerisches Gestalten

Über Herzen und Sitzbänke, die Liebe der Stadtgärtner, über das Österreichische Gesetzbuch und die Liebe in städtischen Werbeprospekten.

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"Die Liebe hinterlässt ihre Spuren in der ganzen Stadt: Herzen mit Buchstaben, mit Pfeil und mit Namen, Herzen ohne etwas. Eingeritzt in Mauern, mit Filzstift auf Stein, auf Wände, auf Bänke oder geschnitzt in Bäume. Mit Datum oder auch durchgestrichen. Mit den Fingern in die Staubschicht ungeputzter Glasscheiben gemalt. Oder ganz groß ICH LIEBE DICH. Oder auch: I love you ..."

aus: „Liebe im Öffentlichen Raum“, 1997

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"Nicht jede Liebe ist im Öffentlichen Raum erlaubt: Das Österreichische Gesetzbuch regelte bis vor kurzem Vorkommnisse und Abläufe an öffentlichen Orten im Sinne des 'öffentlichen Anstands' und der 'öffentlichen Ordnung', in den Artikeln VIII und IX des EGVG. 'Jedes Verhalten in der Öffentlichkeit muss als Anstandsverletzung angesehen werden, das mit den allgemein anerkannten Grundsätzen der Schicklichkeit nicht im Einklang steht und das einen groben Verstoß gegen jene Pflichten darstellt, die jedermann in der Öffentlichkeit zu beachten hat.' ... Im Zuge der Anpassung an EU-Normen wurde der Artikel VIII gestrichen und die 'allgemein anerkannten Grundsätze der Schicklichkeit' werden nur mehr durch den Artikel IX durch die Strafdrohung wegen 'Ordnungsstörung' und wegen 'ungestümen Benehmens' abgesichert. Die Liebe also, besonders die Liebe, die nicht 'den allgemein anerkannten Grundsätzen der Schicklichkeit' entspricht, diese Liebe also mit einem Bein im Kriminal? Tröstlich vielleicht, dass der Rechtswissenschafter Nikolaus Dimmel meint, jeder Mensch verstoße während seines Lebens gegen eine Unzahl von Regeln, das Dunkelfeld betrage abhängig von der zu brechenden Norm bis zu 99 %."

aus: „Liebe im Öffentlichen Raum“, 1997

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"Die Stadt Wien wirbt in ihrem Prospekt 'Wien hat mehr. Nehmen Sie sich Zeit' mit Liebespaaren. Ein junger Mann küsst einer jungen Frau die Hand, sieht ihr in die Augen. sie lächelt leicht, erwidert seinen Blick. Ein junges Frau-Mann-Paar betrachtet glücklich lächelnd eine Kasperlfigur. Besser: Sie betrachtet die Kasperlfigur und er betrachtet sie ... Im Vergleich dazu wirbt die Stadt München in einem umfangreicheren Prospekt für die 'Traumstadt München' nur mit einem verschwommenen Liebespaar (Rückenansicht) und sonst mit Gruppengeselligkeiten von Jung und Alt, mit Kunstschätzen und mit Festen."

aus: „Liebe im Öffentlichen Raum“, 1997

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