Auftraggeber: Bezirksvorstehung 9. Bezirk
Projektförderer: Stoffdesign VERTICO
Was tun Sie in der Glasergasse?
Durchgehen? Gummihüpfen? Ihren Hund äußerln? Luftschnappen? Zur Schule geh’n? Parkplatz suchen ?
Und was tut sich in der Glasergasse?
Ein Jahr lang hat MA-null, beauftragt von der Bezirksvorstehung des 9. Bezirks und im Zuge einer Sanierung der Hauptschule Glasergasse, vor Ort im Projekt LEBENSRAUM GLASERGASSE Gespräche geführt, Fragen gestellt und den Bedarf nach Öffentlichem Raum ermittelt. Gemeinsam mit interessierten BewohnerInnen wurden die Potentiale und Schwachpunkte der Straße erfasst und daraus ein neues Gestaltungskonzept entwickelt.
ERGEBNISSE des Kommunikationsprojekts LEBENSRAUM GLASERGASSE
· Einzelne Teile des im Bürgerbeteiligungsprozess von MA-null erarbeiteten Neugestaltungskonzeptes für die Glasergasse werden noch dieses Jahr realisiert:
> Gehsteigvorziehung im Eingangsbereich der Hauptschule
> Gehsteigvorziehung vor dem Theater
> Aufdoppelung des Kreuzungsbereiches Glasergasse / Rotenlöwengasse.
· Einzelne Maßnahmen zur Nutzungsverbesserung der Glasergasse (Zebrastreifen Porzellangasse / Glasergasse, Bänke, Sezessionsgitter und Efeu für die Baumscheiben, Lieferparkplatz für Theater Center Forum, Café Studio und Ozontherapie) bzw. gegen das Hundeproblem wurden bei der 3. Bürgerversammlung nochmals angesprochen. Ob sie in nächster Zeit realisiert werden können ist offen.
· Der dem Neugestaltungskonzept zugrunde liegende Wunsch nach einer Umwandlung der Glasergasse in eine Wohnstraße (einer Wohnstraße, die ihrer Benennung auch gerecht wird und für die Bedürfnisse ALLER NutzerInnen offen steht) kann laut Auskunft der Bezirksvertretung nur gemeinsam mit einem Verkehrskonzept für die anliegenden Straßen realisiert werden. Da kein Zeitpunkt für dieses Verkehrskonzept feststeht scheint derzeit eine grundlegende Veränderung der Straßensituation in unbestimmbare Ferne gerückt.
· Die Sanierung der beiden Schulhöfe und des Kindergartenhofes wurden laut Auskunft der MA 23 auf das Jahr 2001 verschoben. Sie sollen dann mit Priorität behandelt werden.
· Das „Schulumfeldprojekt“ des Erich-Fried-Realgymnasiums wurde mit einigen Vorbereitungsarbeiten in mehreren Klassen im Juni diesen Jahres begonnen und wird mit fächerübergreifenden Projekttagen und einer Aufarbeitung der Ergebnisse im Herbst fortgesetzt.
· Sehr positiv ausgewirkt hat sich der Kommunikationsprozess um eine Nutzungserweiterung „ihrer“ Gasse auf die Kommunikation der AnrainerInnen und Interessierten untereinander. Es haben sich einige neue Kontakte und Zusammenarbeiten ergeben.
· Eine Bewohnerin der Glasergasse hat sich angeboten, das Projekt LEBENSRAUM GLASERGASSE nach dem Ende der MA-null-Tätigkeit vor Ort weiterzuführen.
RESUMÉE
Vorgangsweise:
– Die ersten Aussendungen und auch der Name MA-null haben einige Angeschriebene neugierig gemacht und dazu eingeladen, nachzufragen und sich bei uns zu melden.
– Es hat sich als sehr zielführend erwiesen, zunächst nur mit Sprechstunden und Einzelkontakten zu arbeiten. Dadurch konnte ein möglichst breites Spektrum an Meinungen erfasst werden.
– Hilfreich für den Kommunikationsprozess mit den AnrainerInnen war auch die lange Anwesenheit von MA-null und das MA-null-Büro vor Ort (11./12. 1998 täglich, 1./2./3. 1999 wöchentlich).
Reaktionen:
– Es hat sich gezeigt, dass das seitens der AnrainerInnen, die auf unsere Aussendungen reagiert haben, das Interesse an der Straße als erweiterten Lebensraum gegeben war.
– Am emotionalsten allerdings waren die Reaktionen bezüglich unseres Vorschlages, den ehemaligen Straßenhof tagsüber als „Ruhezone“ für die AnrainerInnen der Umgebung zu öffnen. Die Befürworter konnten sich gegen die (teilweise sehr heftigen) Ablehnungen und Ängste einiger Hausbewohner nicht durchsetzen. Selbst die von einigen MieterInnen sehr gewünschte Nutzung der Gartenhöfe für den Bedarf innerhalb der Hausgemeinschaft oder eine Zusammenlegung zweier Gärten war nicht möglich. Im übrigen standen die HausbesitzerInnen einer Nutzung dieses Grünraumes auch durch die eigenen Mieter ablehnend bzw. skeptisch gegenüber.
Kommunikationsprozess:
– Eine Schwierigkeit beim Kommunikationsprojekt LEBENSRAUM GLASERGASSE – und vielleicht generell für Bürgerbeteiligungsprozesse – bestand darin, dass sich eher die mit ihrer Meinung und ihren Vorschlägen involviert haben, die an einer Veränderung in Richtung gleichwertigere Möglichkeiten für ALLE Straßennutzer (mehr Gleichberechtigung auch für ältere Leute, Kinder, Jugendliche ...) interessiert sind. Die negativen Reaktionen bezüglich Parkplatzverlusten sind (bis auf zwei Ausnahmen) erst nach der Aussendung über die Ergebnisse der 2. Bürgerversammlung und bei der 3. Bürgerversammlung gekommen.
– Um diesen Umschwung in einer späten Phase des Prozesses, der sicherlich ein gewichtiges Element ist, aber nicht der Stimmung während der ganzen Arbeitsphase mit den AnrainerInnen entspricht, ausgleichen zu können, sollte eine diesbezüglich geschulte und erfahrene Person diesen Prozess begleiten. (In einem Gespräch mit DI Eva Kail von der Magistratsdirektion Baudirektion / Dezernat 2 wurden sehr positive Erfahrungen diesbezüglich bestätigt.)
– Bei zukünftigen Bürgerbeteiligungsprozessen, die den Öffentlichen Raum als potentiellen Lebensumraum betreffen, muss den motorisierten Verkehrsteilnehmern auch klar gemacht werden, dass diejenigen, die zwar die Mehrheit der AnrainerInnen bilden, aber (freiwillig oder unfreiwillig) auf ihr Auto und damit auf einen Parkplatz verzichten, damit nicht automatisch auch ihren Anspruch auf Öffentlichen Raum aufgegeben haben.
Bezirksverwaltung und zuständige Magistratsabteilungen:
– Die Kooperation zwischen dem Bezirk als Auftraggeber, den zuständigen Magistratsabteilungen und MA-null hat sich über weite Strecken als sehr positiv und produktiv erwiesen.
– In der Endphase allerdings, in der von den Fachleuten und der Bezirksvertretung die tatsächliche erfolgende Realisierung ausgearbeitet wurde, bestand wenig bzw. gar kein Informations- und Kommunikationsfluss mehr. D. h. im Endeffekt hat das Engagement der AnrainerInnen und die Arbeit von MA-null (vielleicht) eine Veränderung für die Gasse in Bewegung gesetzt, über das WIE bestand aber schlussendlich nur mehr wenig Mitspracherecht.
– Da die Arbeitsstrukturen der Magistratsabteilungen und der Stadtverwaltung nicht grundsätzlich auf einen Bürgerbeteiligungsprozess und auf „Kommunikation nach außen“ eingestellt sind, sollte am Anfang gemeinsam ein klares Prozedere festgelegt werden.
– Es sollt auch grundsätzlich von Anfang an geklärt werden, ob ein Budget für eine Umsetzung der Ergebnisse des Bürgerbeteiligungsverfahren vorhanden ist.
© MA-null, Juli 1999