Rauminstallation innerhalb der Ausstellungsreihe „AUS OESTERREICH“
Galerie Kulturhaus Palazzo, Liestal / CH
Lederhaltegriffe, Sägeblatt, Würfelzucker
„... zeigt die jetzt ausgestellte Arbeit der jungen C. Angelmaier (geb. 1960) nicht nur talentiertes Geschick, sondern bereits eine thematische Konzentriertheit und raumeinnehmende Gestaltungskompetenz, die aufhorchen lässt, obwohl die Installation eine ihrer ersten öffentlichen Arbeiten ist.“
(aus: Siegmar Gassert, Basler Zeitung, 23. 3. 1981)
Siegmar Gassert: Avantgarde aus Österreich II
(Basler Zeitung 23. 3. 1981)
Wie schon Wolfgang Stengls Henri Dunant-Installation zeigt die jetzt ausgestellte Arbeit der jungen C. Angelmaier (geb. 1960) nicht nur talentiertes Geschick, sondern bereits eine thematische Konzentriertheit und raumeinnehmende Gestaltungskompetenz, die aufhorchen lässt, obwohl die Installation eine ihrer ersten öffentlichen Arbeiten ist.
Wie in einem Environment des Nouveau Réalisme wird der Raum durch Ansammlung, Austeilung und Verteilung gebrauchter Gegenstände oder solcher des alltäglichen Lebens besetzt und in neue Sinnfunktionen überführt. Dazu bedarf es nicht ausdrücklich eines besonderen, präzis erkennbaren Ordnungsprinzips. Die wenigen Sorten Dinge zusammenspielender Bedeutungsträger sind eher zufällig, dem Einfall des Augenblicks gehorchend, im Raum ausgestreut oder angebracht. C. Angelmaier hat gemäss dieser Konzeption den Boden des grossen Ausstellungsraumes mit Zuckerwürfeln ausgestreut, die sich im hinteren Raumteil um ein senkrecht gestelltes Steinsägeblatt verdichten. Darüber, hoch und unerreichbar, hängen von der Decke abgenutzte, lederne Tramhaltegriffe herab, die im kalten Licht der sie umgebenden spärlichen Neonröhren, besonders fettig und abgegriffen erscheinen.
Die Raumwände sind unverändert und signalisieren in ihrem neutralen Status die unüberbrückbare Distanz zwischen Parkett und Plafond, zwischen Untensein in ausgestreuten Würfeln und dem Oben der hochhängenden Lederschlaufen, die doch gemacht worden sind, um Halt und Gleichgewicht zu gewähren, wenn man ins Gerüttel, ins Schwanken gerät. Bedrohlich, scharf, exakt gezähnt, mit den Arbeitsspuren erprobten Zerlegens das aufgerichtete Sägeblatt, dass selbst Steine zerkleinern kann.
Die Installation trägt den Titel „Art-iges in einem Raum“ und gibt damit einen Verweis auf die Bedeutungsebene der Künstlerin als Kunstproduzentin. Anspielungen wie die auf die unmögliche Haltsuche, auf die Bedrohung durch das bereite Sägeblatt, auf die Heerscharen von Würfelzucker, die nichts zum Versüssen haben, gehören in die beabsichtigten Assoziationen, die der Betrachter anstellen kann. Er muss sich den Weg durch die Zuckerwürfel balancierend suchen, eine Gleichgewichtsdemonstration, will er nicht sorglos und destruktiv die Würfel zertreten und das dabei entstehende knirschende Geräusch hören. Er muss sich auch seine Gedanken zu dieser Installation machen und prüfen, ob seine Bezüge mit dem Gemeinten der Künstlerin korrespondieren.
Als Ganzes ist diese Installation stark genug, um als Auslöser von Reizmomenten optisch-visueller Wahrnehmung dem Betrachter dies mit Gewinn abzuverlangen. Dabei ist es hilfreich, dass das Environment betont von der Ästhetik geprägt ist, den Ausstellungssaal in einen in sich und von sich redenden Bedeutungsraum zu überführen. Inhaltlich gibt es noch Vagheiten, eine deutliche Suchhaltung der Künstlerin, ein Offensein für differente Aussagebereiche, doch gekonnt ist schon die psycho-physische Raumbesetzung, die den Betrachter veranlasst, das Raumerleben durch Begehen desselben zu suchen.